Am 13. Juni 2025 war Anti Catcalling Day: Ein Tag, der darauf aufmerksam machen soll, wie tief dieses Verhalten in unserem Alltag noch verankert ist. Ein Tag, der (wie ich finde) noch viel zu wenig Beachtung findet.

„Ein Lächeln würde dir gut stehen.“
„Na, wo geht’s denn hin, Hübsche?“
„Kein Grund, gleich zickig zu sein.“
Diese und ähnliche Sprüche kennt fast jede Frau. Was oft als harmloses Kompliment verpackt wird, ist übergriffig und unangemessen. Catcalling, also das ungefragte Hinterherrufen, Pfeifen oder Kommentieren auf offener Straße, ist keine harmlose Flirtform, sondern eine Form der Belästigung.
Warnsignal statt Kleinigkeit
Manch eine/r mag denken: Ist doch nicht so schlimm, ist doch nur ein Spruch. Was viele dabei leider unterschätzen: Auch Worte haben Gewicht. Catcalling kann Angst auslösen. Catcalling ist ein Machtspiel, egal ob bewusst oder nicht: Es ist ein Versuch, Frauen auf der Straße zu bewerten, zu dominieren oder zu verunsichern. Für viele Betroffene ist es zudem nicht bei einem Spruch geblieben. Aus einem Kommentar wurde ein Hinterherlaufen, aus einem Blick ein Übergriff.
Deswegen sollte man das Problem ernst nehmen: Catcalling ist ein frühes Warnzeichen für grenzverletzendes Verhalten.
Chalk Back: Das Erlebte sichtbar machen
Eine besondere Form des Protests sind die sogenannten Chalk-Back-Aktionen. Dabei schreiben Betroffene sexistische, übergriffige oder angsteinflößende Sprüche, die sie erlebt haben, mit bunter Kreide direkt auf den Gehweg – oft genau dorthin, wo sie passiert sind.
Das Ziel ist klar: Sichtbarkeit schaffen und das Schweigen brechen. Was sonst im Verborgenen passiert, wird plötzlich öffentlich. Passanten bleiben stehen, lesen, denken nach, beginnen vielleicht sogar Gespräche.
Warum Selbstverteidigung mehr ist als Technik
Vielleicht merkst du an diesem Beispiel, dass Selbst-Verteidigung oder Selbst-Behauptung nicht nur mit dem bloßen Erlernen von Techniken zu tun hat und warum gerade wir Frauen mit mehr zu tun haben als Fäusten, die uns weh tun wollen.
In meinen Selbstverteidigungskursen für Frauen geht es natürlich in erster Linie darum, sich körperlich wehren zu können. Dazu gehören aber auch die Körpersprache, innere Klarheit und das eigene Bauchgefühl. Denn oft spüren wir sehr genau, wenn etwas nicht stimmt. Wir fühlen, wenn eine Grenze überschritten wird. Aber wir haben gelernt, nichts zu sagen, höflich zu sein oder bloß nicht zu übertreiben.
Der Aktionstag gegen Catcalling soll uns daran erinnern: Setze Grenzen, sei laut, sag Nein.
Was du (als Frau) selbst tun kannst
- Sprich über deine Erfahrungen, denn Catcalling lebt vom Schweigen.
- Unterstütze andere Frauen, wenn du Belästigung beobachtest.
- Mach auch Männer auf die Missstände aufmerksam.
- Übe, im Alltag Grenzen zu setzen (und vielleicht auch in einem sicheren Trainingsraum).