Femizide stoppen

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  • Beitrags-Kategorie:Wissenswertes

Fast jeden dritten Tag wird eine Frau von ihrem aktuellen oder ihrem Ex-Partner getötet. Den Straftatbestand „Femizid“ gibt es bislang aber nicht. Das Land, von dem wir sprechen, ist Deutschland.

Schauen wir uns also genauer an, was ein Femizid eigentlich ist, was das mit gesellschaftlichen Mustern zu tun hat und was wir tun können, um aufzuklären und Frauen besser zu schützen.

verzweifelte Frau verdeckt ihr Gesicht mit der Hand

Inhalte im Überblick

Seit dem Jahr 2015 veröffentlicht das Bundeskriminalamt einen jährlichen Bericht mit kriminalstatistischen Auswertungen zum Thema Partnerschaftsgewalt. Seit 2022 wird dieser ergänzt durch sog. innerfamiliäre Gewalt, um eine Übersicht über häusliche Gewalt insgesamt zu geben (beinhaltet neben der Partnerschaftsgewalt bspw. auch Gewalt gegenüber Kindern, Migranten oder Menschen mit Behinderung).

Was vor allem eine Grafik aus dem Bericht von 2022 deutlich zeigt: Die Anzahl der Opfer von Partnerschaftsgewalt ist enorm gestiegen, auch der Tatbestand Mord fließt in diese Statistik mit ein. Das Wort Femizid taucht im 118-seitigen Bericht allerdings nicht auf.

Was ist ein Femizid?

Ein Femizid bezeichnet die Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts. Täter sind in der Mehrzahl der Fälle die Partner oder Ex-Partner der Frauen; erst im Januar 2024 in Südhessen so geschehen. Hier geht es zum Hessenschau-Bericht.

Als Motiv wird meist eine gescheiterte Beziehung genannt, das Ehe-Drama, die Familientragödie. Dabei sind Femizide keine isolierten Vorfälle oder spontane Taten, sondern ein Symptom tiefsitzender gesellschaftlicher Probleme und patriarchaler Strukturen. Zumal der Begriff „Beziehungstat“ den Mann als verantwortlichen Täter in den Hintergrund rücken lässt. Frei nach dem Motto: Es gehören ja immer zwei dazu.

Victim Blaming: Warum hast du die Beziehung nicht einfach beendet?

Der englische Begriff des Victim Blamings kann im Deutschen mit Täter-Opfer-Umkehr übersetzt werden. Dabei wird die Schuld des Täters für die begangene Tat auf das Opfer übertragen.

Auffällig ist, dass Victim Blaming gerade bei Straftaten gegen Frauen stattfindet, speziell im Bereich der sexualisierten Gewalt: Der Rock war zu kurz, der Blick zu aufreizend, das Gesicht zu stark geschminkt. Man hätte doch wissen können, wozu das führt. Man hätte sich doch einfach viel früher schon trennen können.

Dass die Schuldzuweisung auf das Opfer gleich doppelt belastend ist, auch für die Hinterbliebenen, dürfte klar sein. Nicht nur das Erlebte (sofern man die Tat überlebt hat) muss verarbeitet werden – gleichzeitig wird dem Opfer vermittelt, sich selbst in diese Situation gebracht zu haben und also mit Beistand und Empathie eher nicht zu rechnen ist.

Gleichzeitig spielt Victim Blaming den eigentlichen Tätern in die Hand, die Tat rückt in den Hintergrund und auch Außenstehenden wird zu verstehen gegeben, dass man damit zuweilen durchkommt – das Phänomen verankert sich gesellschaftlich erneut.

Femizide sind keine Einzelfälle, sondern haben System. Patriarchales Besitzdenken und toxische Männlichkeit töten.

Fallzahlen in Deutschland

Wie anfangs erwähnt, gibt es in Deutschland den Tatbestand „Femizid“ nicht. Durch die kriminalstatistische Auswertung des BKAs werden seit 2015 aber die Fälle von Partnerschaftsgewalt erfasst, die für Frauen tödlich endeten. Die Zahlen zeigen: Seit 2015 liegt Deutschland jährlich bei teilweise weit über 100 Fällen. 

Der aktivistische Account „Femizide stoppen!“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, Femizide in Deutschland aufzuzählen und sichtbar zu machen, um auf das strukturelle Problem dahinter aufmerksam zu machen. Auf ihrem Instagram-Account schreiben sie im Post zum Femizid in Mörfelden-Walldorf: „Femizide sind keine Einzelfälle, sondern haben System. Patriarchales Besitzdenken und toxische Männlichkeit töten.“ Der Link zum Social-Media-Profil findet sich weiter unten in den Quellen.

Bewusstsein schaffen

Indem wir über Femizide sprechen, können wir das Bewusstsein für die Realität dieser Gewalttaten schärfen. Viele Menschen sind sich der Tragweite dieses Problems noch nicht ausreichend bewusst und können daher auch wenig Unterstützung für betroffene Frauen bieten. Insgesamt ist es von entscheidender Bedeutung, über Femizide zu sprechen und als Gesellschaft aktiv gegen geschlechtsspezifische Gewalt vorzugehen. Indem die Thematik gesellschaftlich ernst genommen wird, können erste Veränderungen vorangebracht werden.

Frauen, die von häuslicher Gewalt bedroht sind, müssen wissen, dass sie nicht allein sind und dass es Hilfe gibt. Durch die öffentliche Diskussion über Femizide können wir ein unterstützendes Umfeld schaffen, in dem Opfer sich sicher fühlen, Hilfe zu suchen.

Durch die Aufklärung über Femizide können präventive Maßnahmen entwickelt oder erweitert werden, um zukünftige Gewalttaten besser zu verhindern. Dies kann die frühzeitige Erkennung von häuslicher Gewalt, Konfliktberatung, mehr Anlaufstellen für Frauen, die Stärkung von Frauen und Mädchen durch Selbstschutz-Trainings sowie die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für geschlechtsspezifische Gewalt umfassen.

Hilfe finden

Hilfe erhalten betroffene Frauen über das bundesweite, kostenlose Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“. Die Nummer ist 24 Stunden am Tag besetzt: 0800 0 116 016

Unter https://www.hilfetelefon.de/ finden sich auch online Informationen und Beratungsmöglichkeiten.

Quellen:

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